Klug planen für morgen

Deutschland erbt – aber oft unvorbereitet

In Deutschland wird so viel Vermögen vererbt wie noch nie. Schät­zungen gehen von rund 400 Milliarden Euro pro Jahr aus. Tendenz steigend. Gründe dafür gibt es viele – von wachsenden Immobilien­werten bis zu gut gefüllten Sparkonten. Doch so groß das Erbe ist – so groß ist oft auch die Unsicherheit. Wer soll was bekommen? Was muss vorher geregelt werden? Wer nicht vorsorgt, hinterlässt oft mehr Streit als Sicherheit. Denn: Ohne klare Regelungen greift die im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehene gesetzliche Erbfolge. Die wiederum passt nicht immer zur persönlichen Familiensituation und nicht zu dem, was wirklich gewollt war. Im schlimmsten Fall entstehen Konflikte in der Familie oder finanzielle Belastungen für die Hinterbliebenen, die vermeidbar gewesen wären.

Ein wichtiges Thema, das uns alle betrifft

Trotzdem kümmern sich viele Menschen erst sehr spät um ihren Nachlass. Nur wenigen fällt es leicht, sich damit zu befassen, was nach dem Tod geschehen soll. Es ist emotional, manchmal unangenehm und oft mit Unsicherheit verbunden. Dabei gilt: Wer früh plant, sorgt für Klarheit – für sich selbst und für die Familie. Oft reicht es, sich einen Überblick zu verschaffen, elementare Dinge zu regeln – und rechtzeitig das Gespräch zu suchen. Ein Testament, eine Vorsorge­vollmacht oder ein Überblick über Konten und Versicherungen sind schon ein guter Anfang. Wer früh plant, kann Missverständnisse vermeiden. Denn das Erben und Vererben betrifft alle: ob mit großem oder kleinem Vermögen, mit Familie oder allein. Wichtig ist, dass am Ende alles so geregelt ist, wie man es selbst möchte.

Ganzheitlich denken
Alles im Blick – Vermögen und Familie

Die Planung des eigenen Nachlasses ist viel mehr als nur eine Frage des Geldes. Wer verantwortungsvoll vorsorgt, sollte sich nicht nur mit Kontoständen beschäftigen, sondern das gesamte Vermögen und die Familiensituation im Blick haben. In einer Zeit, in der Vermögen vielfältiger und Familienstrukturen individueller werden, wird der ganzheitliche Blick immer wichtiger.

Immobilien im Fokus

Die Zusammensetzung der Vermögen in Deutschland hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Standen früher noch Bankguthaben und Wertpapiere im Mittelpunkt, machen laut Bundesbank nun Immobilien den größten Teil des privaten Vermögens aus. Bei vielen Familien ist das Eigenheim längst der wertvollste Besitz – und somit zentraler Bestandteil des Erbes. Das macht die Planung komplexer: Immobilien lassen sich nicht einfach aufteilen. Steuerliche Regelungen müssen beachtet werden. Oft ist unklar, ob die Erben die Immobilie behalten, vermieten oder verkaufen wollen.

Besondere Vermögenswerte und Unternehmensnachfolge

Noch komplizierter wird es, wenn besondere Vermögenswerte dazukommen – etwa eine denkmalgeschützte Immobilie, eine Ferienwohnung im Ausland, ein eigener Betrieb. Dann reicht ein Standard-Testament oft nicht aus. Bei Auslandsvermögen gelten möglicherweise andere rechtliche Regelungen, bei Denkmalschutz-Immobilien gibt es Auflagen, und wer ein Unternehmen weitergeben möchte, muss nicht nur die familiäre Situation klären, sondern auch rechtzeitig Nachfolger finden, Haftungsfragen prüfen, steuerlich vorausschauend handeln. Laut dem KfW-Nachfolge-Monitor droht fast jedem dritten Unternehmen in Deutschland die Schließung, weil – oft durch mangelnde Planung – keine Nachfolgelösung gefunden wird.

Doch auch wenn keine Firma und keine Auslandsimmobilie im Spiel sind, ist die Nachlassplanung selten einfach. Denn: Nicht nur Vermögensarten, auch Familienformen sind vielfältiger geworden. Rund 14 Prozent der Familien in Deutschland sind Patchworkfamilien. Hierbei gilt: Die gesetzliche Erbfolge reicht oft nicht aus, um die eigenen Wünsche umzusetzen. Stiefkinder etwa haben ohne Adoption kein gesetzliches Erbrecht, nicht verheiratete Partnerinnen und Partner bleiben rein von Gesetzes wegen ebenfalls außen vor. Ohne klare Regelungen kann es passieren, dass geliebte Menschen leer ausgehen – und stattdessen entfernte Verwandte erben.

Individuelle Familienverhältnisse berücksichtigen

Eine durchdachte Nachlassplanung stellt sicher, dass persönliche Wünsche und die tatsächlichen Lebensverhältnisse berücksichtigt werden. Wer ganzheitlich denkt, fragt nicht nur: Wie viel habe ich zu vererben? – sondern auch: Wer gehört zu meiner Familie? Was möchte ich für die Menschen regeln, die mir nahestehen? Dabei geht es nicht darum, alles bis ins letzte Detail zu regeln, sondern eine realistische, gut abgestimmte Lösung zu finden. Ob Testament, Erbvertrag, vorweggenommene Schenkung oder Kontovollmacht – was dafür sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab. Wichtig ist vor allem: sich frühzeitig Gedanken zu machen und das Gespräch zu suchen – mit den Menschen, die betroffen sind, und mit Fachleuten, die unterstützen können. Denn: Ein geregelter Nachlass bringt nicht nur rechtliche Klarheit. Er bewahrt auch den Familienfrieden, entlastet die Hinterbliebenen und stellt sicher, dass das, was man sich ein Leben lang aufgebaut hat, in die richtigen Hände gelangt.

Familie mit Fragen zu Finanzthemen

Fehler vermeiden
Den Nachlass frühzeitig regeln

Fehler in der Nachlassplanung zu vermeiden, heißt vorzusorgen, bevor es zu spät ist. Das schützt nicht nur das Vermögen, sondern auch die Familie – vor Streit, Unsicherheit, unnötigen Belastungen. Das wiederum gilt nicht nur für große Erbschaften. Auch in vermeintlich einfachen Fällen kann es ohne Planung zu Überraschungen kommen.

Ein typischer Stolperstein: Das Fehlen eines gültigen Testaments oder Erbvertrags. Ohne schriftliche Verfügung gilt automatisch die gesetzliche Erbfolge. Auch denken viele: „Mein Testament reicht doch.“ Das tut es manchmal auch. Doch wer es selbst schreibt, übersieht leicht formale Anforderungen – etwa, dass es eigenhändig unterschrieben werden muss und klare Formulierungen enthalten sollte. Wer sicher sein will, dass der eigene Wille auch umgesetzt wird, sollte sich professionell beraten lassen.

Digitalen Nachlass klären

Auch der digitale Nachlass wird immer wichtiger. Wer Online-­Konten, Cloud-Zugänge oder Social-Media-Profile besitzt, sollte festlegen, was damit geschehen soll. Wer erhält Zugang? Was bleibt bestehen? Was wird gelöscht? Wird das nicht geregelt, bleiben Angehörige oft mit unklaren Rechten und viel Aufwand zurück.

Mit Vollmachten handlungsfähig bleiben

Eine Vorsorgevollmacht oder Generalvollmacht ist ein weiterer wichtiger Baustein. Damit können vertraute Personen im Ernstfall – etwa bei Krankheit oder Unfall – Entscheidungen übernehmen. Vielfach ist es sinnvoll, ausdrücklich zu bestimmen, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gelten soll. Dadurch kann sicher­gestellt werden, dass Angehörige auch nach dem Tod handlungsfähig bleiben. Speziell für Bankgeschäfte könnte auch eine Kontovollmacht erteilt werden, die über den Tod hinaus gilt. Diese sollte bei der Hausbank hinterlegt werden. So können im Todesfall wichtige Zahlungen geleistet und laufende Verpflichtungen beglichen werden.

Schenkungen sinnvoll planen

Frau mit Lupe untersucht Dokument

Auch die Schenkungsplanung kann sinnvoll sein: Wer frühzeitig Vermögen überträgt – etwa unter Ausnutzung steuerlicher Freibeträge – kann Angehörige entlasten. Doch solche Schritte sollten gut überlegt sein. Wer später auf Pflege angewiesen ist, muss damit rechnen, dass Schenkungen unter bestimmten Umständen angerechnet oder zurückgefordert werden müssen. Hier empfiehlt sich immer eine fachliche Beratung.

Ein ebenso wichtiger Punkt: Hinterlasse ich auch Schulden? Viele denken beim Thema Erbe nur an Vermögen. Doch ebenso häufig gehören auch Verpflichtungen dazu – etwa Kreditraten, Bürgschaften, offene Rechnungen. Wer unvorbereitet erbt, kann dadurch in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Deshalb ist es sinnvoll, bei der Nachlassplanung auch Verbindlichkeiten offen zu dokumentieren. So behalten die Erben den Überblick – und können informiert und zeitnah entscheiden, ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen.

Klarheit durch Erbvertrag

Der Erbvertrag ist eine zusätzliche Möglichkeit – besonders bei Unternehmensnachfolgen, Immobilienbesitz oder in Patchworkfamilien. Er regelt verbindlich, wer was erhalten soll, und verhindert, dass nach dem Tod andere Regelungen getroffen werden können. Das schafft Klarheit. Er ist jedoch rechtlich bindend und lässt sich nur mit Zustimmung aller Beteiligten ändern. Umso wichtiger ist hier eine fundierte, professionelle Beratung.

Regelmäßig überprüfen und anpassen

Nachlassregelungen sind kein „einmal erledigt“-Thema. Es lohnt sich, sie etwa alle vier bis fünf Jahre oder bei größeren Veränderungen im Leben zu überprüfen. Ob Heirat, Scheidung, ein neues Kind, Immobilienkauf oder Aufbau eines Unternehmens – all das kann Einfluss darauf haben, ob ein Testament noch passt, eine Vollmacht genügt oder eine beabsichtigte Schenkung noch sinnvoll ist. Wer regelmäßig prüft, bleibt handlungsfähig – und sorgt dafür, dass das, was einmal geplant wurde, auch wirklich zum Leben passt.

Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag

Ein Testament kann handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet werden – Letzteres bietet rechtlich mehr Sicherheit. Besonders bei einfachen Vermögensverhältnissen und klaren Wünschen ist ein Testament oft ausreichend. Es lässt sich flexibel anpassen und jederzeit widerrufen. Ehepaare entscheiden sich häufig für ein gemeinschaftliches Testament, das im Todesfall des Erstverstorbenen bindend wird.

Ein Erbvertrag ist rechtlich verbindlicher. Er ist vor allem bei komplexeren Verhältnissen sinnvoll: etwa bei Unternehmensnachfolgen, Immobilienvermögen, Patchworkfamilien. Anders als ein Testament kann er nicht einseitig geändert oder aufgehoben werden. Das ist nur mit Zustimmung aller Beteiligten möglich. Er muss immer notariell beurkundet werden und ist mit höheren Kosten verbunden – bietet aber mehr rechtliche Klarheit.

Früh planen
Heute regeln, was morgen zählt

Wer frühzeitig Ordnung schafft, macht es Angehörigen leichter – und sich selbst auch. Eine gute Struktur hilft, im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben. Wer vorsorgt, nimmt Angehörigen viele Entscheidungen ab. Er schenkt ihnen Zeit und Raum für das, was dann wirklich zählt. Dazu gehört nicht nur, eigene Wünsche festzuhalten, sondern auch, wichtige Unterlagen übersichtlich bereitzulegen.

Der persönliche Notfallordner

Ein persönlicher „Notfallordner“ oder eine digitale Dokumentensammlung kann dabei eine große Hilfe sein. Darin sollten etwa das Testament oder ein Erbvertrag, Vollmachten, Versicherungsunterlagen, Kontodaten und Immobiliennachweise enthalten sein. Sinnvoll sind hier aber auch ganz praktische Hinweise: „Wo liegt der Schlüssel?“ „Wer soll im Fall der Fälle informiert werden?“ Auch Zugangsdaten für Online-Konten, E-Mail-Postfächer oder digitale Abonnements können im Ernstfall wichtig sein – idealerweise dokumentiert in einer passwortgeschützten Übersicht. Wichtig ist dabei nicht nur das Was, sondern auch das Wo: Angehörige sollten wissen, wo sich welche Unterlagen befinden – und wie man im Notfall darauf zugreifen kann.

Auch Vollmachten oder Patientenverfügungen sollten so aufbewahrt sein, dass sie im Ernstfall schnell gefunden und genutzt werden können – etwa im Arbeitszimmer, bei vertrauten Personen oder im Bankschließfach. Frühzeitiges Planen heißt nicht, alles sofort perfekt zu regeln. Aber es bedeutet, die ersten Schritte zu gehen: sich einen Überblick verschaffen, Wünsche besprechen, Zuständigkeiten klären. Schon kleine Schritte machen einen großen Unterschied – etwa eine einfache Liste mit Kontaktpersonen oder eine Übersicht über laufende Verträge und Versicherungen.

Regelmäßige Überprüfung ist wichtig

Gut zu wissen: Auch eine gute Planung sollte regelmäßig überprüft werden – zum Beispiel, wenn sich Lebensumstände ändern. Wer jetzt handelt, legt den Grundstein für einen geregelten, fairen, wertschätzenden Umgang mit dem eigenen Lebenswerk. Die Beraterinnen und Berater Ihrer Volksbank oder Raiffeisenbank stehen Ihnen dabei gern zur Seite.

Warum jetzt handeln?

Weil gute Planung entlastet – heute und morgen:

  • Klarheit schaffen, bevor es kompliziert wird
  • Familie absichern und Konflikte vermeiden
  • Eigene Wünsche verbindlich festhalten
  • Handlungsfähig bleiben – auch in schwierigen Situationen
  • Vermögen gezielt weitergeben, statt alles dem Zufall zu überlassen
  • Freibeträge nutzen, bevor sie verfallen